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AutorenbildSabine Terhorst

Die Phasen der Trauer


In den letzten Monaten habe ich mich sehr viel mit dem Thema der Trauer beschäftigt. Zum einen, weil ich selbst den Tod meiner Mutter verarbeiten musste, aber auch weil ich mit verschiedenen Personen Kontakt hatte, die ihre Trauer verarbeiteten.


Ich habe dabei gelernt, dass es nicht die eine und die richtige Trauerverarbeitung gibt. Aber was mir schon aufgefallen ist, dass der Prozess selbst tükisch sein kann. Dass sich das Gefühl selbst wie ein Chamäleon tarnen kann und man es nicht immer erkennt. Grundsätzlich aber verläuft die Trauer oft in ähnlichen Schritten ab.


Die Psychologin Verena Kast konnte wohl vier Phasen des Trauerprozesses definieren:

  • 1. Phase: Leugnen und Nicht-Wahrhaben-Wollen.

  • 2. Phase: Wut und andere aufbrechende Emotionen.

  • 3. Phase: Innere Auseinandersetzung mit dem Verlust.

  • 4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug.

Diese Phasen beziehen sich nicht nur auf den Verlust von geliebten Menschen (oder auch Tieren), sondern auch ein Jobverlust kann betrauert werden. Oder der Verlust einer Freundschaft oder das Scheitern einer Ehe. Letztendlich geht es ja dabei immer darum, dass wir etwas Geliebtes verlieren und nun lernen müssen, uns neu zu orientieren.


Meiner Erfahrung nach sind diese Phasen allerdings nicht immer chronologisch. So können, wenn man sich in der 3. Phase der Auseinandersetzung befindet, auch immer wieder Phasen der Wut und schwieriger Emotionen entstehen. Das kann durchaus irritieren, denn man glaubte ja, darüber hinaus zu sein. Wie aber mit der Wut umgehen, wenn man sie sich gar nicht erst erlaubt?


Eine ungünstige Möglichkeit, Wut zu "verarbeiten" ist zum Beispiel, sie in Schuld zu transferieren. Anstatt wütend auf den Verstorbenen und über den Verlust zu sein, fühlt man sich vielmehr schuldig. Schuldig, weil man nicht genügend interveniert hat. Weil man vielleicht eine "falsche" Entscheidung getroffen hat. Diese Schuld - die kein Entwicklungspotenzial in sich trägt - lässt einen dann feststecken. Der Prozess der Trauerverarbeitung kann nicht weiter gehen. Und so kommt es nicht ausreichend zu einem neuem Selbst- und Weltbezug. Und natürlich fällt es uns dann schwer, im neuen Leben zurecht zu kommen. Manchmal entstehen hieraus auch Depressionen oder vielleicht sogar körperliche Beschwerden. Hier spricht man dann von "Somatisierung".


Als Mensch, der einen spirituellen Weg eingeschlagen hat, fällt es mir nicht leicht, Wut zuzulassen. Ich habe vielmehr den Anspruch, ich müsse darüber hinaus sein. Allerdings verfalle ich hier einem Trugschluss. Die Energie ist ja da. Die Frage ist ja nur, wo ich sie hinleite. Und manchmal wenden wir diese Energie dann gegen uns. Sie tarnt sich als Schuld oder wir übertragen sie gegen andere Menschen, die an dem Prozess eigentlich nicht beteiligt sind. Ein leidvolles Beispiel sind Ehepartner, die bei der Trennung die Wut auf den baldigen Expartner auf die Kinder übertragen. Ich schrieb ja bereits... Trauer ist nicht immer in ihrer wahren Natur erkennbar, sondern sie tarnt sich und äußert sich in anderen Gefühlszuständen. Das macht es dann manchmal schwierig, ihr auf die Schliche zu kommen.


Heilsam hingegeben sind Haltungen, für die man sich bewusst entscheiden kann. Beim Verlust eines geliebten Menschen kann es zum Beispiel helfen, sich auf die schönen Jahre mit diesem Menschen zu konzentrieren. Auf das, was man diesem Menschen zu verdanken hat - auch an schwierigen Zeiten, in denen man gemeinsam wachsen durfte. Dann kann es ein süßer Schmerz sein, der aber da sein darf. Auch bei einer Trennung vom Partner ist es irgendwann sicher wichtig, sich der guten Zeiten bewusst zu sein. Irgendwann hat man sich für diesen Menschen entschieden. Und manchmal stellt man dann eben fest, dass es jetzt nicht mehr funktioniert. Dann ist es wichtig, Entscheidungen zu treffen. Aber es ist weniger hilfreich, die ganze Beziehungszeit dadurch in Frage zu stellen.


Der Schmerz ist nicht vermeidbar. Das Leiden (im Sinne der Qualität unserer Gedanken) aber schon... Wut kann eine nützliche Energie sein. Sie kann befreiend sein, wenn wir sie transzendieren. Wenn wir sie als eine Art Katalysator benutzen. Und sie kann zerstörerisch und krankmachend wirken, wenn wir sie gegen uns selbst richten.

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