Ich möchte diesen Blogbeitrag einmal dazu nutzen, um das System- und Familienbrett zu beschreiben. Es ist ein therapeutisches Tool, dass so einfach und doch so unglaublich effektiv sein kann. Das den spielerischen Trieb anregt und Dich eigentlich ohne Umwege ins Gefühl bringen kann. Einfach nur, weil Du plötzlich das sehen kannst, was Dir sonst so im Kopf herum schwirrt.
Sicher hast Du schon von der Möglichkeit der Aufstellung bzw. Familien-Aufstellung gehört. Auch hier scheint es unfassbar tiefgreifende Ergebnisse zu geben. Diese Form wird aber aus unterschiedlichen Gründen auch gerne mal kritisiert. Sei es, weil man eben so viele Menschen braucht, um sie überhaupt durchführen zu können oder weil es manchmal wohl an der Nachbetreuung fehlt und somit Retraumatisierungen auftreten können. Ich vermag es nicht zu beurteilen. Wichtig ist sicher, dass man sich vorab informiert, wie der Ablauf und die Nachbetreuung geregelt ist.
Der Vorteil an dem Familien- und Systembrett ist aber, dass es zum einen keine weitere Menschen braucht, weil der Klient eben Püppchen bzw. Figuren und anderes Material hat. Zum anderen begibt er sich nicht direkt in die Situation und entscheidet somit selbst, wie tief er in das Gefühl geht. Er kann das Thema, das er aufstellt auch beliebig erweitern. Aber eben auch wieder reduzieren.
Ansprechen mehrer Sinne
In meiner Praxis bemerke ich oft, wie stark meine Klienten bemüht sind, alles zu verstehen - zu rationalisieren. Das ist auf der einen Seite wichtig, auf der anderen Seite bringt es sie aber weit weg von ihren Gefühlen. Mit dem Systembrett werden sie auf eine sanfte Art und Weise an ihr Gefühl heran geführt. Zudem werden unterschiedliche Sinne angesprochen:
--> das Sehen: man sieht die aufgestellte Situation aus einer Vogelsperspektive, kann unterschiedliche räumliche Standorte einnehmen und somit bekommt man im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von der Situation.
--> die Haptik: durch das Anfassen der Figuren, werden auch diese Sinne mit einbezogen. Man fühlt das Material, die Form. Es werden nochmal andere Gehirnregionen bei der Erfassung mit einbezogen.
--> das Hören: der Klient redet ja über das, was er aufstellt. Er erklärt, warum er sich so entschieden hat. Durch das Erklären und sich selbst hören, werden weitere Regionen bei der Verarbeitung im Gehirn aktiviert.
Dadurch können beide Gehirnhälften besser miteiander kommunizieren. Der rationale Bereich verknüft sich mit dem bildgebenden Bereich. Sie schwingen gemeinsam und dadurch ergeben sich oft "erleuchtende" Momente.
Ein Beispiel
Ich möchte ein Beispiel erzählen, dass zwar einfach ist, dafür aber auch wirklich gut erklärt, wie leicht das Systembrett funktioniert:
Ich frage mich, ob ich mich von meinem Partner trennen soll. Dazu benutze ich ein Systembrett, dass man in zwei Hälften teilen kann. Auf die eine Hälfte stelle ich eine Figur, die mich repräsentiert. Auf die andere Hälfte stelle ich eine Figur, die meinen Partner präsentiert. Dabei ist es schon wichtig, wie nah die Figuren aufgestellt werden. Schauen sie sich an? Haben die Figuren unterschiedliche Größen? Das sind alles Entscheidungen, die man teilweise vollkommen unbewusst trifft, die aber beim "draufschauen" einen Sinn ergeben. Anschließend kann ich einmal versuchen, die beiden Bretter auseinander zu ziehen. Das wird mein Gefühl wahrscheinlich verändern. Was passiert? Macht mich das traurig? Oder fühle ich mich erleichtert? Muss der Abstand groß oder soll er kleiner sein? Muss es ein Abstand sein oder würde es reichen, die Figuren anders aufzustellen?
Es ist ein einfaches Beispiel und nur eine kleine Auswahl an Fragen, die dabei auftauchen können. All diese Fragen und das "Spielen" erleichtern das "sich bewusst werden". Und genau darum geht es meistens: sich seiner Gefühle und Gedanken bewusst zu werden.
Das Ziel
Mit dem Familien- und Systembrett kann man unterschiedliche Ziele verfolgen.
Bewusstwerdung --> ich verschaffe mir Klarheit über meine Gefühle und meine Situation.
Entscheidungshilfe --> ich kann durch die Bewusstwerdung leichter Entscheidungen treffen.
Vergleiche --> ich kann unterschiedliche Szenarien aufstellen und sie miteinander vergleiche. Wie fühle ich mich heute und wie würde ich mit der neuen Entscheidung fühlen.
Planung --> ich stelle auf, wie ich mich "aufstellen möchte" und spüre nach, ob das passt und ob es sich gut anfühlt.
...
Nachteile
Natürlich macht das Systembrett nicht immer Sinn. Man kann wirklich viele Themen aufstellen, aber eben auch nicht alles. Die Einblicke in das Unbewusste sind nicht immer tief genug - auch weil der Klient natürlich die Möglichkeit hat, sich deutlich von dem was er tut zu distanzieren. Daher ist es wichtig, dass man eine gewisse Neugierde und vielleicht sogar spielerische Freude mitbringt, um das zu tun.
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